Das Virgental war vermutlich bereits zur Zeit des Römischen Imperiums missioniert und wenigstens teilweise christianisiert worden. Sakralbauten gab es mit größter Wahrscheinlichkeit ebenfalls ab dem 4. Jahrhundert, mit Sicherheit aber seit dem frühen Mittelalter um etwa 800. Die Kirche „Maria Schnee“ dürfte auf einem vorchristlichen Kultplatz liegen, jedenfalls wurden in der Nähe Gräber entdeckt, die aus römischer bzw. Völkerwanderungszeit stammen. Die Kirche, so wie sie sich heute zeigt, stammt aus der Mitte des 15. Jahrhunderts durch Erweiterung eines älteren, frühgotischen Bauwerkes.
Wann die Wallfahrten begonnen haben, ist ungewiss. Anlass dürften die häufigen Wetterkapriolen gewesen sein, unter denen die Bevölkerung des Tales zu leiden hatte, und für die „Maria Schnee“ die ideale Fürsprecherin zu sein schien. Ein alter Kreuzweg führt direkt vom Zentrum von Virgen hinauf zur Kirche. Dieser Kreuzweg wurde erst vor kurzem renoviert und künstlerisch neu gestaltet.
An der Außenwand der Kirche beeindruckt ein monumentales Christophorus-Fresko, das laut Inschrift Sebastian Gerumer im Jahr 1468 gemalt hat. Es ist von liebevollem Detailreichtum und hat sich über die Jahrhunderte erstaunlich gut und farbenreich erhalten.
Sehenswert ist aber v.a. das Kircheninnere. Wer durch das Haupttor eintritt, wird sofort überwältigt von dem reichen Freskenschmuck an den Wänden. Als eine „biblia pauperum“, also eine Bibel der Armen und des Lesens Unkundigen, wurden sie von Simon von Taisten (1450 – 1515), dem Hofmaler der Görzer Grafen, geschaffen. Sie zeigen an der Nordwand die Szenen des Osterevangeliums und in der Apsis die Weihnachtsgeschichte, außerdem Tod und Himmelfahrt Mariens sowie das Martyrium des Heiligen Sebastian. Die Fresken geben dem Kirchenraum eine einzigartig stimmungsvolle Atmosphäre, die den Besuch zu einem beeindruckenden Erlebnis macht.
Erwähnenswert ist auch noch ein besonderer Brauch zur Osterzeit, der mit der Kirche „Maria Schnee“ verknüpft ist: Am ersten Samstag nach Ostern wird ein ungeschorener, mit Bändern und Blumen geschmückter Widder in einer Prozession nach Obermauern und dort noch vor dem Gottesdienst dreimal um den Altar geführt. Damit gilt der Widder als geopfert, eine echte Schlachtung ist nicht nötig. Am folgenden „Weißen Sonntag“ wird das Tier im Anschluss an die Messe versteigert, der Erlös der Auktion kommt der Wallfahrtskirche zugute.
Dieser Brauch stammt noch aus der Zeit des Dreißigjährigen Krieges, genau aus dem Jahr 1635, als die Pest in Tirol wütete. Zum Dank für die Erlösung vom Schwarzen Tod gelobten die Virgener eine jährliche Wallfahrt mit einem Widder ins rund 50 km entfernte Lavant. Allerdings soll es später auf dieser langen Wallfahrt öfters zu „unheiligen Übertretungen“ gekommen sein, so dass man ab 1920 die die Prozession verkürzt und nach Obermauern verlegt hat.